Kelten und Druiden in der Schweiz


Geister, Gespenst und Spukgestalten

Drachenberg ob Vättis
Neandertaler - Drachenberg bei Vättis

Was sind eigentlich Geister? Die Erscheinung vom deutschen Geist als Gespenst entstammt vermutlich einst aus der Deutung der faszinierenden Polarlichter im Norden Europas. Magie und Animismus - von dem Grunderlebnis her beider Weltbilder wird jedes Handeln der Menschen verständlich. Um die Entstehung und Wirkung von Spuk, Gespenster und Gedanke, Geister zu erfassen, können die beiden Begriffspaare einfach gegenüber gestellt werden:

Die ersten Bilder werden fassbar vor einigen zehntausend Jahren als Felszeichnungen, Höhlenmalereien der Altsteinzeitmenschen. Am Anfang menschlichen Kulturschaffens steht eine fast klassische und ganz naturwahre Kunst der Abbildung, das magische erste Weltbild.

Das zweite grosse Weltbild ist jenes der Beseelung, der Animismus. In der heutigen Ethnologie findet der Begriff Animismus kaum noch Verwendung, da es als erwiesen gilt, dass es sich beim Leib-Seele-Dualismus um ein abendländisches Konstrukt handelt, welches nicht auf andere Kulturen übertragbar ist. Entstanden ist das Weltbild einer Beseelung vermutlich bei den jungsteinzeitlichen, sesshaften Ackerbauern [neolithische Revolution], ist also Jahrtausende jünger als die Magie [Was ist Magie?]. In der Beseelung [vom lateinischen Wort anima = Seele] tritt vor allem die Trennung von Körper und Nicht-Körper klar zu Tage, jene Zweiheit, die später als gedankliche Haltung mit Dualismus bezeichnet wird, was gleichzeitig die Geburtsstunde des Satzes vom ausgeschlossenen Dritten ist. Die Naturkräfte werden übertragen, verkörpert, vergöttlicht. Die magische Ergriffenheit weicht der Hingabe und dem Glauben. Hier in der Beseelung ist der Zauber beheimatet, in der Magie ist es der Bann.

Magie und Beseelung liefen vermutlich nie als reine Form nebeneinander, denn überall traf die Beseelung auf das erste magische Weltbild. Die Unterschiede zwischen Magie und Beseelung sind heute nicht mehr unmittelbar zu sehen, weil beide Formen gemeinsam und durcheinander gelebt werden. Tatsache ist jedenfalls, dass ein rein magisches [unistisches] Weltbild, wie es zum Beispiel die moderne Quantenphysik vermitteln kann, bestehen könnte und auch einst bestand. Die Trennung von Leib und Seele ist willkürlich und die Welt voller Götter, Dämonen, Heroen und vermenschlichter Kräfte nicht mit den Erkenntnissen von exakten Wissenschaften vereinbar.

In einer dritten, jungen Schicht werden die beiden Weltbilder von Religion als Glauben überlagert.

  • Der magische Gegenstand ist immer Gegenwart, bildhaft, in seinen Eigenschaften unsicher und auseinanderstrebend.
  • Der animistische Gegenstand ist fest umrissen, als Symbol einer [gedanklichen] Schöpfung in seiner Form bestimmt.

Die wirksamste Handlung des magischen Menschen ist seine Gegenwart und Besitzergreifung, womit er Gegenstand und Umwelt in die ihm nützliche und erwünschte Form zu bringen versucht. Die Handlung des animistischen Menschen kann hingegen nur der Zauber sein, weil hier nur noch Götter und Dämonen die Schöpfung verändern können. Darum ist die Verpersönlichung aller Kräfte, die im Sinne menschlicher Absicht wirken könnten, ein Merkmal des animistischen Weltbildes und Esoterik.

Spuk

In der Entstehung des Sennentunsch [Sennentuntschi] oder vom Greiss in Surenen wird deutlich, wie das magische Bild durch Frevel auch zum unheimlichen Leben erwachen kann und damit beweist, wie der magische Raum mit Spukgestalten bevölkert wird, die nicht mit dem Seelenglauben in Verbindung stehen. Unter dem Druck des Animismus wurden nun viele der Spukgestalten vom Hauch der Schöpfung berührt zu Geistern, später transportiert durch Literatur und die Märchen der Schulbücher.

Spuk = seelenlos - die Höchst-Strafe der Kelten

Julius Cäsar schreibt in De bello gallico VI,13: Wenn jemand sich den Druiden nicht fügt, werden diese von den religiösen Opferfeiern ausgeschlossen; diese Strafe gilt bei ihnen als die Höchste. Diejenigen die ausgeschlossen wurden, gelten als geächtet und verbrecherisch, denen alle aus dem Weg gehen. Sie fliehen vor ihrem Umgang und Gespräch, damit sie nicht aus dem Kontakt einen Schaden erleiden.

Was Cäsar hier aus seiner römischen, animistisch-polytheistischen Sichtweise beschreibt, heisst mit Bezug auf den keltischen Gedanken einer Wieder-Auferstehung der unvergänglichen Seelen [in einer anderen, aber in dieser Welt] nichts anderes, als dass diese Höchst-Strafe den Ausschluss aus der Seelen-Gemeinschaft bedeutete. Der lebendige Gedanke wird wieder zum magischen Chaos mit Verlust der Kooperation. Das kann als die Pflicht zur Selbsttötung verstanden werden.

Von den nordischen Trollen, Zwergen, Riesen und wie sie alle heissen, fehlt im Gebiet der ehemals keltischen Helvetier jede Spur. Hier haben die wilden Erdmannli die Umbildung der deutschen Nibelungensage nicht mitgemacht, regionale Abweichungen ausgenommen. Die Gespenster entstammen hier überwiegend dem kirchlichen Armenseelenglauben. Die hierzu vorhandenen Überlieferungen, vor allem um Luzern bis hinüber nach Interlaken, die Geschichten um Drachen, Türst, Sträggele und dergleichen mehr zeigen allzu offensichtlich von Norden her flussaufwärts eingeschleppte Erzählungen.

Vertreibung der bösen Geister und Dämonen

Die Kinder-Mär von heidnischen Bräuchen mit vertreiben von bösen Dämonen und Geister, [stets rezitiert und unbedacht voneinander abgeschrieben], ist eine Desinformation resp. ein Relikt aus der im Mittelalter versuchten katholischen Umdeutung der früheren Tradition. Mit dem Verbot ihrer Schulen durch römische Kaiser verlor die keltische Kultur zwar unwiederbringlich die Weiter-Bildung, nicht aber das Brauchtum und die Weitergabe der unvergänglichen Seele durch die Menschen. Keltisch ist nicht heidnisch, sondern war schon damals dreieinig die spirituell höhere Bildung im Gegensatz zu jenem abendländischen Dualismus, welcher sich mit Philosophie und Religion etablieren konnte.

Geist und Geister entstammen nicht der mit keltisch bezeichneten Kultur, sondern gehen etymologisch [sprachwissenschaftlich] auf die indo-germanische Wurzel *gheis- zurück im Sinn von erschaudern oder ergriffensein, erregt- oder aufgebrachtsein. Der Begriff entstand demnach einst als eine Schnittstelle zwischen der mit unbekannt, magisch, zu bezeichnenden direkten Betroffenheit und der aus dem Chaos herausgelösten bekannten, als bewusst wahrgenommenen menschlichen Wirklichkeit. Das westgermanische Wort *ghoizdo-z bedeutete dann übernatürliches Wesen und wurde mit der Christianisierung der Germanen christlich umgedeutet, so dass der Begriff Geist für Gott als Übersetzung für den biblischen Spiritus Sanctus diente.

Dieser Sinngehalt des Wortes hielt sich bis in die Gegenwart, so dass Geist auch als Synonym für Gespenst verwendet wird.

Die Untersuchung der Grotte des Fées in Châtelperron in Frankreich hat den eindeutigen Beweis erbracht, dass dort vor etwa 38'000 Jahren ausser dem ausgestorbenen Homo neanderthalensis [Neandertaler] auch der moderne Homo sapiens sapiens lebte und sich die beiden Menschenarten mehr als tausend Jahre lang überlappten. Aus der Mittelwürmzeit [ca. 40'000-30'000 v.Chr.] finden sich Fundstellen und Reste der letzten Neandertaler. Gleichzeitig sind die ersten Kulturen des Homo sapiens sapiens bestätigt. Die möglichen Kontakte zwischen diesen beiden Bevölkerungen und die Frage nach dem Aussterben oder der Assimilation der Neandertaler ist Gegenstand der aktuellen Forschung. Die vollständige Entschlüsselung der DNA im Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig anno 2013 zeigt eine Vermischung von Homo neanderthalensis mit den Homo sapiens vor etwa 100'000 bis 50'000 Jahren. Alle modernen Menschen ausserhalb Afrikas südlich der Sahara tragen in ihrem Genom einige Prozente vom Neandertaler als ihren nächsten Verwandten.

Im Gebiet der heutigen Schweiz könnten die letzten Neandertaler Europas eine Art Reliktgruppe gebildet haben. Hinweis darauf geben die Höhlenfunde vom Wildkirchli, Wildenmannlisloch und dem Drachenloch bei Vättis, nebst den alten Erzählungen. Diese Wild-Leute waren vermutlich keine blossen Spukgestalten, sondern es hat sie wirklich gegeben, sie sind nichts anderes als die in den Sagen überlieferten Überbleibsel derjenigen, die sich als scheue, kleinwüchsige, hilfsbereite und aussergewöhnlich kräftige Reste einer Urbevölkerung genetisch bis zum heutigen Tag gehalten haben. Als eigenständige Gruppen sind sie verschwunden, nachdem sie [wie die Sagen übereinstimmend berichten] beobachtet und-oder behindert wurden.