Geist im modernen Weltbild


Liebe

Der Stolz, die Ehre zu haben

Der Begriff der Liebe als abstraktes Wort-Konstrukt im schrift-deutsch-deutschen Geist ist dermassen vielfältig strapaziert, dass er ohne genauere Umschreibung gar nicht mehr zu erfassen ist, wäre nicht wie durch Zufall in der schweizer-deutschen Sprache die ursprüngliche Bedeutung erhalten geblieben. Da wird nämlich noch heute nicht gesagt ich liebe dich, sondern ich han dich liëb. Das Neutrum Liëbi [Liebe] meint die Eigenschaft lieb und muss sich auf den vorhandenen Sachverhalt beziehen, ist also etwas gewollt besitzendes und nicht etwas gewünscht erhofftes. Im Schweizer-Deutsch ist das Tätigkeits-Wort lieben als etwas machen nicht vorhanden bzw. nicht üblich.

Altersbedingt ist in diesem Zusammenhang auch noch die Unterscheidung wichtig zwischen weiblich und männlich, zwischen Sexualität als Fortpflanzung einerseits und Sex als Praxis zur [Selbst-]Befriedigung.

Was ist Liebe?

Die Liebe als Hauptwort ist ein auf hochdeutsch sprachiges Gebiet eingeschränktes Wort als Zustand-Bildung zu dem Adjektiv lieb (über liep im Sinn von gut, angenehm, geschätzt von ursprünglich *leubh- im Sinn von gern, lieb haben, begehren) und behaupte die stärkste Zuneigung und Wertschätzung, die ein Mensch einem anderen entgegen zu bringen in der Lage sei. Andere behaupten, Liebe sei eine Frucht vom heiligen Geist welche zur Liebe führe und keiner Erwiderung bedarf? [Der Erwiderung bedarf ein zum fressen gern haben tatsächlich nicht].

Was wird heute gemeint mit dem Wort Liebe? Anders wie in der standard-deutschen Sprache mit ihrer philosophisch-religiös geprägten Tendenz zur Substantivierung, [was logisch zum gläubigen Zirkel-Schluss führt], kann im Zürich-Deutsch aus der Eigenschaft lieb keine Tätigkeit von lieben abgeleitet werden, was allerdings auch richtig ist, weil ein ideologisch konstruiertes Hauptwort als Einbildung von Gefühl in Form von vermeintlichem Zustand, die Liebe, aus dem Zeitwort gebildet werden müsste. Eigenschaften beziehen sich stets auf etwas Konkretes und können nicht ideell übertragen werden, weil, über Geschmack lässt sich nicht streiten. Beispiel: Die Eigenschaft schön. Was einige als vollkommene Schönheit bezeichnen mögen, braucht anderen deswegen noch überhaupt nicht zu gefallen usw. usf.

Fragt sich also bloss, was all' die Menschen unter einem Begriff verstehen sollen, dessen Inhalt streng genommen gar nicht vorhanden ist, da das Wort eine Eigenschaft abbildet und zugleich den Gegensatz zum nicht-lieb, zum böse darstellt? Keine Ideologie, [was mit Liebe gemeint ist], ändert etwas an der Tatsache, dass die Eigenschaft von lieb oder nicht-lieb durch ein gar nicht notwendiges Hauptwort als Zustand, [die Liebe], durch Sprache dem Zweck entfremdet, missbraucht wird und zur eingebildet abgeleiteten, aber gar nicht möglichen, Tätigkeit von lieben können, lieben wollen, lieben müssen führt oder gar zur Idee, Liebe machen zu können, machen zu wollen, machen zu müssen. Für die kulturell ohne sich dessen bewusst zu sein Betroffenen bedeutet der sprachlich bedingte Nonsens das Ende der eigenen Vorstellungen.

Direkt lieben als Tätigkeit ist in der schweizer-deutschen Sprache nicht möglich. Das ist auch schon die ganze Kunst, mit dieser wichtigen Schnittstelle der zwischenmenschlichen Beziehungsfähigkeit umzugehen, dem Dualismus. Lieb wirkt als Ausdruck des klaren Willens stets einseitig, man kann nur selber lieb haben im Sinne von etwas gern haben wollen.

Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst

Zum Neutrum, einer standard-deutsch wahren Liebe, entwickelt sich dieses wollen erst mit der entsprechenden Erwiderung, nur mit der erlebten gegenseitigen Bestätigung erfahren Menschen den Zustand, den sie dann mit Liebe bezeichnen können. Wenn man so will, ist diese gegenseitige Bedingung von Liebe ebenfalls ein Zugang zur mehrdimensionalen Wirklichkeit, durch die Nähe zum christlich-emotionalen Weltbild allerdings sehr anfällig für Störungen. Beispielsweise durch den häufigen Trugschluss des geliebt werden wollens, was in der Regel ein einseitiges Verständnis und zwangsläufig Lieblosigkeit zur Folge haben wird in Form des vermeintlichen sich selber lieben zu können, wie es sich in der christlichen Lehre aus einem der vermutlich zentralen Denkfehler entwickelt hat: Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst ist nämlich auch kein Paradox, sondern eindeutig falsch und bezogen auf die Trinität sogar lebensgefährlich. [Das SELBST als ICH bildet die logische EINS als Gegensatz zur NULL.

Einseitig [Selbst-Liebe] oder gegenseitig [Liebe]

Sobald Menschen etwas nicht mehr wollen oder nicht mehr gern haben und es trotzdem besitzen, beherrschen sie es auch wie materielle Güter, Liebe als Einbildung wandelt sich zur Herrschaft, was meist identisch ist mit Gewalt in Form von Unterdrückung, Lüge und Betrug; im Extremfall gar Mord und Totschlag. Der Mensch kann weder sich selber noch einfach seinen Nächsten lieben, weil lieb sein und lieb haben die Gegenseitigkeit voraussetzt; ein Mensch kann nur ein Selbstwert-Gefühl entwickeln, auf das er stolz sein darf, wenn er da durch zu entsprechenden Ehren gelangt.

Von einem Menschen, den man lieb hat, ebenfalls geliebt zu werden ist die reinste aller Möglichkeiten der Ehrbezeugung, die man erfahren kann.

Dass dem tatsächlich so ist, erkennt man in den Folgen von einseitiger Liebe. Die Ohnmacht und Verzweiflung infolge einer nicht entstehenden oder nicht erwiderten Liebe können bis zur Zerstörung des Selbstwertgefühls führen. Häufiger noch ist dies jedoch die Folge von erlebter, aber aus irgendwelchen Gründen nicht erwiderten Liebe, wie sie im Generationen- und Glaubenskonflikt ersichtlich werden kann.

Wichtig scheint mir daher vor allem der Zusammenhang von Liebe zwischen Selbstwertgefühl und Besitz als Verantwortung. Wenn ich hier beschreibe, wie sich Menschen gegenseitig besitzen müssen, so ist das aus der gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnis zu verstehen, dass der Mensch wie alle Primaten nur im Verband lebensfähig ist.

Naturgemäss können die Menschen aber nur das besitzen, was sie auch beherrschen. Als Idealzustand von Liebe ist folglich das Fehlen der Herrschaft infolge gegenseitig Besitz ergreifenden Willens gemeint. Da es sich dabei aber noch immer um Dualismus handelt, ist eine Übertragung dieser zwischen zwei Menschen ohne weiteres möglichen Vereinbarung auf eine allgemeine gedanken-wissenschaftliche Ebene vollkommen ausgeschlossen.

Besitz als Verantwortung bedeutet klare Unterscheidung von Liebe und Gewalt, weil erst diese bewusste Trennung von gegenseitig verlangter Pflicht und einseitigem Anspruch jene Vorhersehbarkeit oder Zuverlässigkeit ermöglicht, die Menschen als ehrlich bezeichnen. Ehrlich sein ist weit mehr als nicht zu lügen oder nicht alles zu sagen.

Die Ehrlichkeit, vor allem auch gegenüber sich selbst, ist die Grundlage des Selbstwertgefühles, der Persönlichkeit überhaupt. Ohne klare Verhältnisse im Denken und Handeln auf der Basis von Ahnen und Fühlen entsteht kein sich bewusstes Glauben an eine Identität, der Mensch verliert seine Existenzgrundlagen, weil zwischenmenschliche Beziehungen ohne gegenseitigen Austausch auf Dauer nicht möglich sind.

Das alles ist nebenbei erwähnt weder Theorie noch emotionales Dünkel, sondern schon auf der vegetativen Stufe der Menschwerdung vorhanden als kooperatives Wesensmerkmal der Gattung. Falsch ist in diesem Zusammenhang lediglich der noch immer weit verbreitete Aberglaube einer Heiligen Liebe, die es einerseits gar nicht gibt und welcher für diese Kultur mit dem Heiligtum der Trinität eine Fehlentwicklung bedeutet, weil dies mittlerweile teilweise zu einem eigentlichen Glauben an die Liebe als eine Art von Rechtsanspruch geführt hat, also ähnlich wie der Begriff der Gerechtigkeit, der mehrheitlich genauso falsch verstanden wird, als vermeintlicher Rechtsanspruch.

Die wahre Liebe

Eine so genannt wahre Liebe ergibt sich aus dem Verständnis von Wahrheit im Sinn von jenem was tatsächlich ist und dadurch waar, [wahr, war], durch waren als gedanklich sehen. Ein solcher gegenseitiger [Wach-]Traum wird durch den Verrat beendet.

Das Fest der Liebe?

Weihnachten ist im Ursprung kein Fest der Liebe als einer Vorstellung bzw. Ideologie von Gott sei die Liebe. Die zur geweihten Heiligen Nacht umgedeutete Wië-Nacht nimmt Bezug auf Allerseelen, den keltischen Samonios am 1. November mit dem Gedenken der Seele durch hinweisende Signatur mit Kerzen und Kugeln am Tannenbaum. Als Tag der Liebe[nden] wird heute der Valentin-Tag am 14. Februar bezeichnet.