Geist im modernen Weltbild


Vernunft

Verbindung von Wille und Verantwortung

Vernunft meine als Begriff aus der Philosophie das Vermögen, Phänomene nicht nur für sich genommen zu verstehen, sondern in einem gesamten Zusammenhang zu begreifen. Der neuzeitliche philosophische Vernunft-Begriff sei wesentlich in der Philosophie des deutschen Idealismus (Ende des 18. bis Mitte des 19. Jahrhunderts) geprägt worden. Im allgemeinen Sinne könne Vernunft als Inbegriff des menschlichen Erkenntnis-Vermögens verstanden werden.

Seit die Welt der Menschen als vierdimensional erkannt worden ist, ist durch Philosophie im klassischen Sinn nun aber gar keine Erkenntnis, also Können mehr möglich ausser sie beschränke sich auf Ethik. Darum erfasse ich heute Vernunft als Verbindung von Wille und Verantwortung. Die Verantwortung ist kein Recht, sondern eine Pflicht, unabhängig der Art und Weise, wie dies in einer individuellen Lebenskunst umgesetzt wird, weil die persönliche Haftung für eigenes Leben, Handeln und Denken nicht delegiert werden kann.

Erkennbar wird eine sichtbare Vernunft der bestehenden Umstände, mit welcher der anpassungsfähige Mensch infolge seiner Lernfähigkeit keine Probleme haben sollte. In diesem Spektrum des gesunden Menschenverstandes gilt eine Person als normal, wenn sie die gesetzlichen Bürgerpflichten erfüllt und daneben keine Schwierigkeiten für andere schafft.

Dabei gibt es keine Glaubens- und Gewissensfreiheit, ein Militärgegner ist ebenso dienstpflichtig wie auch der Sterbewillige obligatorisch Krankenkassenprämien zahlen muss. Heute wird im Namen des Allmächtigen der Bundesverfassung von einer politisch aktiven Minderheit aus Sektierern und Experten ein Solidaritätsprinzip der Rechtsgleichheit durchgesetzt, welches sich nicht mit der Natur des Menschen verträgt.

Der Mensch ist ohne weiteres dazu bereit, ehrenhafte Tätigkeit mit angemessenem Privileg für die betreffende Person zu schätzen. Auf gar keinen Fall wird er aber die jetzt stattfindende persönliche Bereicherung ohne entsprechende Gegenleistung durch mehrheitlich mittelmässige Vertretungen, angebliches "Sachverständnis" usw. längerfristig mittragen.

Das Volk als politische Gemeinschaft spürt sehr genau, wem Ehre gebührt und wem kein Privileg zusteht. Der gleiche Zersetzungsprozess, der in privaten Institutionen und Vereinen schon allgemein bekannt ist in der Abschreckung von fähigen Leuten durch vorbestehende Unfähigkeit struktureller oder menschlicher Art, wurde von den Jahrgängen des Kulturrisses nach dem zweiten Weltkrieg als politisch proklamierter Gang durch die Institutionen in allen öffentlichen Bereichen verankert.

Nun darf man nicht übersehen, dass es sich dabei fast ausnahmslos um gläubige Geister handelt, die noch heute wie damals auf der Suche nach einer Wahrheit sind, die es in dieser Form nicht gibt. Bezeichnend ist dabei, wie jetzt mit zunehmendem Alter das näher rückende persönliche Ende zu einer Verdrängung der damaligen Ideale führt durch denselben Egoismus wie schon früher auch.

Wer versucht, die Gedankengänge mitzudenken, wie sie in Politik, Gesetzgebung und praktischer Umsetzung erkennbar werden, registriert mühelos eine Unvernunft von rechthaberischer Wahrheit, die kein Mensch mehr zusammenhängend ableiten und erklären kann. Es wird auf allen Stufen bloss noch funktioniert. Meist werden einfach die privaten Bedürfnisse und Absichten mit den Regulativen gesellschaftlicher Bedingungen sowie Teilproblemen zeitgenössischer Sachverhalte zusammengeschnürt und als Wahrheit diktatorisch auf dem Verordnungsweg mit einer Überzeugung durchgesetzt, die keinen Zweifel offenlässt, dass dahinter eine eigendynamische Ersatzreligion stehen muss: Die Rechtsgleichheit, wie sie spezifisch ausgelegt wird von Parteimitgliedern, die, auf die Parteien bezogen, sowohl gesetzgebende, ausführende und richtende Instanz sind.

Während früher ein Amtsbewerber praktizierendes Kirchenmitglied war, muss er heute von einer politischen Partei getragen werden. Die Konsequenzen sind damals wie heute identisch: Die Vorbedingung des nun politischen Glaubensbekenntnisses schliesst redliche Unparteiische aus, selbst wenn sie Wesentliches beizutragen hätten und beschränkt andererseits auch die verbleibenden Teilnehmer. In der Folge stehen grosse Teile des vorhandenen Gedankengutes dieser Gesellschaft überhaupt nicht zur Verfügung, die Demokratie wandelt sich zum Ausdruck einer Diktatur von relativen Mehrheiten, in der lediglich noch eine Vorauswahl der Parteien bestätigt werden kann.

Dafür erreicht die Rechthaberei der Parteiangehörigen ein Ausmass, das nur noch als verheerender Schwachsinn bezeichnet werden kann. Mit sinnleeren Ersatzreligionen werden zudem die inneren Konflikte wie Orientierungslosigkeit, Ohnmacht und Ungerechtigkeit verstärkt, was unweigerlich zu einem aggressiven Verhalten führt, weil der Mensch lediglich kooperativ ist und nicht friedlich, wie aus der Verhaltensforschung bekannt ist. Diese Aggressivität äussert sich bereits deutlich in der zunehmenden Anrufung der Gerichte durch Amtsträger bei politischen Meinungsverschiedenheiten und andererseits in der rigorosen Disziplinierung und Zahlungsverpflichtung des Bürgers durch neue Gesetze.

Wenn es nicht so wäre, man würde es nicht glauben, was unter dem Patronat der ehemaligen Exponenten der Studentenunruhen von 1968 passierte: Eine vorerst passive Eintrittsverweigerung der Jugend in ein auf Paragraphen reduziertes Gesellschaftssystem, in welchem die aus biologischer Sichtweise überflüssigen Angehörigen der vierten und fünften Generation im Ruhestand von der Leistungsträgergeneration mehr beziehen können als der Arbeiter mit seiner Familie zum Leben hat.

Es ist für einzelne Menschen in dieser kurz geschilderten Situation vermutlich gar nicht mehr möglich, eine Verantwortung wahrzunehmen, weil dazu Selbständigkeit und Unabhängigkeit unabdingbare Voraussetzung sind. Allein die möglichst selbständige und unabhängige Persönlichkeit kann mittels Orientierung, Gerechtigkeitsinn und Macht den Willen entwickeln, welcher auch Verantwortung ist. Wohlgemerkt, ich schreibe an dieser Stelle unter dem bereits erwähnten Aspekt der absoluten Freiheit ohne Bezug auf Dressur und Gewohnheit durch Erziehung oder Verhaltensmuster, weil sonst die Grenzen der Normalität verwischen.

Die Verantwortung ist kein Recht, sondern eine Pflicht für jeden normal gesunden Menschen, unabhängig der Art und Weise, wie er dies in seiner individuellen Lebenskunst umsetzt, weil die persönliche Haftung für Leben, Handeln und Denken nicht delegiert werden kann ohne gleichzeitige Verleugnung von Seele, Lebenssinn und Zukunft.

Die alte Weisheit der ausgleichenden Gerechtigkeit in dem Sinn, dass sowohl Gutes wie auch Schlechtes auf den Menschen zurückkommt, wird durch die gedankliche Ebene also ganz klar bestätigt. Gerechtigkeit ist keine religiöse Metapher für die Dummen, die daran glauben, sondern Voraussetzung, am dreidimensionalen Zustand überhaupt teilzunehmen.

Daran erinnert, dass darin der einzige erkennbare Sinn des Menschenlebens sichtbar wird, so ist auch vorstellbar, wie ungeheuer schwierig eine Orientierung für viele Menschen sein muss, die lediglich über scheinbare Möglichkeiten verfügen, welche ihnen durch Religion, Politik und Teile der Wirtschaft als Wahrheit verkauft werden, indem sich deren Funktionäre für ehrenhafte Nebentätigkeiten auch noch gleich den Lebensunterhalt bezahlen lassen, obschon die Meisten schon längst, und davon bin ich überzeugt, selber die Orientierung verloren haben.

Es herrscht der Aberglaube vor, dass jedes sinnieren und grübeln zwangsläufig in eine Irrenanstalt führen müsse und Denken daher der Anfang vom Ende sei. Im Vordergrund steht die Perfektionierung und Sicherung der eigenen Funktion, für die bestehenden Sachzwänge sind die Parteien und deren Experten zuständig, die jedoch ebenfalls lediglich an einem persönlichen Erfolg orientiert sind, Fakten und Tatsachen hin oder her. Für die Problemlösung selbst im Sinne eines umfassenden Überblicks ist schliesslich wieder das Volk oder deren Vertreter zuständig, wo die relative Mehrheit der zufällig Anwesenden ohne jede Berücksichtigung von Allgemeinbildung, Sachkenntnis und Vorstellungsvermögen mit Zusammenhängen konfrontiert wird, die sie nachgewiesenermassen überhaupt nicht verstehen, aber trotzdem entscheiden müssen.

Ich meine damit nicht die Volksabstimmungen der direkten Demokratie, wo eher für oder gegen etwas gestimmt werden kann, sondern die Tatsache, dass gläubige Menschen nicht dreidimensional denken können. Man kann nicht am Morgen mit einer religiösen Besinnung die gedankliche Ebene verlassen und sich dann am Vormittag berufsmässig mit der Thematik von zum Beispiel sozialen Zusammenhängen befassen, ohne sich dabei fortwährend dazu berufen zu meinen, die Wahrheit zu kennen, was aber eindeutig falsch ist.

Per Definition verstossen heute gläubige Menschen gegen ihre eigenen Gesetze: Glaubensfreiheit bedeutet nicht zu glauben was man will und wie es einem passt, sondern führt in letzter Konsequenz zur Befreiung vom Glauben. Damit bin ich wieder gleich weit wie am Anfang; alle meinen nämlich, sie würden denken und merken nicht, dass sie eine Weltanschauung glauben, die gar nicht mehr denkbar ist.

Es empfiehlt sich daher, den Staat und seine formaljuristische Logik als eine sonderbare Entwicklung mitzutragen, wie das die Vorfahren einmal mit der Kirche getan haben. Man gehört durch die Abstammung zwar dazu, was man jedoch nicht braucht, bleibt man auch nicht schuldig. Aktiv mitwirken kann getrost jeder, der mit einem in sich geschlossenen System zurechtkommt.

Die bereits vorhandene Erfahrung anderer, dass sich organisierte Systeme nicht von Innen her verändern lassen, braucht man allerdings nicht auch noch selber zu bestätigen. Da ein formeller Austritt aus diesem noch nicht als Verein wahrgenommenen Staat zurzeit zwangsläufig mit Aufgabe von Wohnsitz und Verlust von jedem Besitz verbunden ist, wäre es unvernünftig, mit einem solchen Schritt das Gedeihen der Sippe und damit eines Teils der Gesellschaft unnötig zu erschweren. Es genügt vollkommen, in den Zusammenhängen durch eine kritische Wachsamkeit ein umfassendes Wissen zu erhalten, keine Rechte nötig zu haben und dafür die eigenen Pflichten der menschlichen Dimensionen zu erfüllen.

Besseres Wissen ist möglich durch konsequentes und neugieriges Studium der Information aus der Erforschung der drei Ebenen Kosmos, Biologie und Gedanken und der Verbindung dieser Sachverhalte mit den eigenen Gedankengängen. Wer in die Bedeutung seiner Zeit hineinblicken will, muss zuerst einmal über sich selbst hinausschauen können.